1. Einleitung

Um Energieeinsparmöglichkeiten im privaten Haushalt entdecken und entwickeln zu können, ist es notwendig zu wissen, für welchen Zweck welche Energiemenge verwendet wird. Der Energieverbrauch1 kann dazu z. B. in die einzelnen Energieträger aufgeteilt werden. Die Abbildung 1.1 zeigt den prozentualen Anteil der Energieträger am Endenergieverbrauch der privaten Haushalte in Deutschland. Dabei werden die Anteile der Kohle, der Mineralölprodukte und der Gase in der Hauptsache zum Heizen und zur Warmwasserbereitung genutzt. Wenn aber in einem Haushalt mit einer Erdgasheizung auch mit Gas gekocht wird, kann aus dem gesamten Erdgasverbrauch nicht mehr auf die benötigte Heizenergie geschlossen werden. Dazu müsste eine zusätzliche Mengenmessung des zum Kochen benutzten Erdgases erfolgen. Bei einer Elektroheizung ist noch mehr Aufwand notwendig, die zum Heizen verwendete Energiemenge zu detektieren, da die elektrische Energie im Haushalt für die unterschiedlichsten Aufgaben benutzt wird.

Abb.:1.1
Abbildung 1.1:
Endenergieverbrauch der Haushalte in Deutschland 2000 (Vorläufige Angaben; Stand 20.07.01), [AGEB, 2002]

Die Transparenz des elektrischen Energiebedarfs kann mit unterschiedlichen Methoden der Lastüberwachung verbessert werden (vgl. Kapitel 2.3). Dabei geht es darum, die dem Netz entnommene elektrische Arbeit den einzelnen Elektrogeräten zuzuordnen. Mit diesen zusätzlich gewonnenen Informationen zum Bedarf können nicht nur Einsparungen durch Verhaltensänderungen erzielt, sondern viele weitere Anwendungen realisiert werden. Wenn die ermittelten Daten zur Erkennung von Änderungen im Lastverhalten eines Verbrauchers verwendet werden, können sie die Sicherheit im Haushalt erhöhen. Eine gravierende Änderung der Leistungsaufnahme kann auf ein defektes Gerät hindeuten. Wenn z. B. ein Kühlgerät über einen längeren Zeitraum dem Netz keine elektrische Arbeit entnimmt, könnte mit einem Alarmsystem das Verderben des Kühlgutes verhindert werden. Mit den Informationen über das Lastverhalten ist auch die Entwicklung von Mehrwertdiensten der Energieversorgungsunternehmen möglich. Sie können aber auch einfach nur den Wissensdurst eines Haushaltsbewohners nach seinem Energieverbrauch befriedigen.

Nonintrusive Appliance Load Monitoring (NALM) Systeme ermöglichen die Disaggregierung des Lastverlaufs, so dass einzelne Elektrogeräte erkannt werden können. Der Aufwand für die Installation bewegt sich dabei in einem vertretbaren Rahmen. Da die Daten bei einem NALM System an der Schnittstelle zum Energieversorgungsunternehmen aufgenommen werden, ist die Menge der verfügbaren Parameter geringer als bei anderen Systemen. Der geringere Datenumfang muss mit einer höheren Intelligenz des Systems kompensiert werden. Dazu können auch weitere Daten benutzt werden. Wenn z. B. der Wasserverbrauch parallel aufgenommen wird, ist die Erkennung einer Wasch- oder Spülmaschine mit einer höheren Wahrscheinlichkeit möglich.

Um die einzelnen Verbraucher eines Haushaltes in dem Gesamtlastgang mit einer hohen Wahrscheinlichkeit detektieren zu können, müssen die Algorithmen eines NALM Systems stetig weiterentwickelt werden. Dazu ist es hilfreich, den Lastverlauf der erkannten Elektrogeräte mit den gewonnenen Daten zu simulieren und diesen mit dem realen Lastgang zu vergleichen. Somit ist es schneller möglich, Fehler in den Algorithmen zu finden und zu beseitigen.

In dieser Arbeit soll ein Softwaresimulator entwickelt werden, der den Lastgang eines privaten Haushaltes aus den Lastverläufen der einzelnen Verbraucher nachbildet. Dazu werden die Elektrogeräte in Verbraucherklassen eingeteilt und geeignete mathematische Modelle für diese Klassen entworfen. Die entwickelten Modelle werden mit Hilfe der objektorientierten Programmiersprache C++ in ein entworfenes Simulationsprogramm implementiert. Mit diesem Programm wird der simulierte Lastverlauf über einen, vom Benutzer eingegebenen Zeitraum, als zeitdiskrete Folge ausgegeben. Diese Ausgabe erfolgt graphisch auf dem Bildschirm, kann aber auch als Zeitreihe in einer Textdatei abgespeichert werden. Zusätzlich ist es möglich, die graphische Darstellung auszudrucken oder in einer Datei abzuspeichern. Die Abtastzeit dieser diskreten Leistungswerte kann frei gewählt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, durch Angabe einer Zählerimpulskonstante den Lastgang mit quantisierten Leistungswerten auszugeben, so dass ein Energiezähler simuliert werden kann. Zum Schluss wird das Simulationsprogramm mit Hilfe der Daten eines realen Lastgangs erprobt und bewertet.

Zu Begin der Entwicklung des Simulationsprogramms werden die Grundlagen der Analyse und Simulation von Lastgängen beschrieben. Es wird dargestellt, warum die vorhandenen Modelle der Lastprognose zur Simulation eines Lastverlaufs privater Haushalte nicht geeignet sind. Verschiedene Methoden zur Lastüberwachung werden vorgestellt und die Probleme der Zeitdiskretisierung von Kennlinien veranschaulicht. Elementare Funktionen, die im Simulationsmodell verwendet werden, sind anschließend aufgeführt. Die im Haushalt verwendeten Elektrogeräte werden in geeignete Verbraucherklassen eingeteilt und ihre Schaltmöglichkeiten definiert. An Hand dieser Schaltmöglichkeiten und den elementaren Funktionen werden die mathematischen Modelle der Verbraucherklassen entwickelt. Mit den vorgestellten Modellen werden zwei Beispiele mathematisch beschrieben. Zum Schluss der Modellentwicklung werden Gütekriterien für das Simulationsergebnis definiert. Das nächste Kapitel beginnt mit der Darstellung der Grundlagen einer objektorientierten Programmierung. Das Simulationsprogramm wird mit dem "C++ Builder" der Firma Borland entworfen. Dazu werden zunächst die Modelle der Verbraucherklassen abstrahiert und danach die für das Simulationsmodell benötigten Daten und die Funktionen der abstrahierten Verbraucherklassen beschrieben. Die wichtigsten Funktionen werden in Nassi-Shneiderman-Diagrammen dargestellt. Kapitel 5 zeigt die Erprobung des entwickelten Simulationsprogramms. Dazu wird versucht, einen gegebenen realen Lastgang nachzubilden. Diese Nachbildung erfolgt über zwei beispielhaft ausgewählte Zeiträume. Die Ergebnisse dieser Erprobung werden graphisch dargestellt und bewertet. Der Verlauf und die bekannten Schaltzeiten der Elektrogeräte des realen Lastgangs sind dem Anhang A zu entnehmen. Im abschließenden Kapitel werden die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und es wird ein Ausblick auf die Nutzungsmöglichkeiten des Simulators gegeben.