6. Zusammenfassung und Ausblick

Mit dem in dieser Arbeit entwickelten Softwaresimulator wird der Lastverlauf privater Haushalte, über einen vom Benutzer variabel vorgegebenen Zeitraum, nachgebildet. Dazu können verschiedene - nach ihrer Verbrauchscharakteristik gegliederte - Verbraucher-Objekte erzeugt werden. Der simulierte Lastgang setzt sich aus den Lastverläufen der einzelnen Elektrogeräte zusammen. Die Modelle dieser Verläufe sind mit Hilfe einfacher mathematischer Funktionen entwickelt und mit der objektorientierten Programmiersprache C++ implementiert worden. Der nachgebildete Lastverlauf wird als zeitdiskrete Folge ausgegeben, wobei die Abtastzeit der Zeitdiskretisierung variabel ist. Sie kann als beliebige Fließkommazahl mit der Einheit Sekunden vorgegeben werden. Somit sind auch simulierte Abtastzeiten im Millisekunden-Bereich möglich.
Bei einem Lastgang, der mit Hilfe des Impulsausgangs eines Energiezählers aufgenommen wird, ist die Auflösung des Verlaufs von der Impulskonstante des Zählers abhängig. Wenn in der Simulation eine Impulskonstante (vom Benutzer frei wählbar) vorgegeben wird, kann mit dem Programm auch solch ein Lastverlauf nachgebildet und die Auswirkung einer veränderten Zählerimpulskonstante veranschaulicht werden. Die Abbildungen 6.1 und 6.2 zeigen die Vergrößerung der Auflösung durch die Verringerung der Impulskonstante. In Den Abbildungen ist die Simulation einer konstanten Last von 100 Watt und einer Abtastzeit von 60 Sekunden dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Auflösung mit einer Impulskonstante von 8000 Impulsen pro kWh 7,5 Watt und mit 16000 Impulsen pro kWh 3,75 Watt beträgt.

Abbildung 6.1:
Simulierter Lastgang einer konstanten Last von 100 Watt mit einer Impulskonstante von 16000 Impulse / kWh
 
Abbildung 6.2:
Simulierter Lastgang einer konstanten Last von 100 Watt mit einer Impulskonstante von 8000 Impulse / kWh

Der mit dem Simulator nachgebildete Lastgang kann nur eine Näherung des tatsächlichen Verlaufs darstellen, weil einige Parameter der realen Verbraucher von mehr oder weniger zufälligen Größen abhängig sind. Z. B. kann die Leistungsaufnahme abhängig von der Netzspannung sein, die - wie in Kapitel 3.3.3 beschrieben - in einem festgelegten Bereich schwanken kann. Auch hängt die Periodendauer der Schaltzustände eines Kühlgerätes von dem Beladungszustand und der Häufigkeit des Türöffnens ab. Diese Werte werden in den Modellen simuliert, in dem sie zufällig - nach der gaußschen Normalverteilung um einen Mittelwert streuend - bestimmt werden. Diese zufällig gewählten Größen stimmen fast nie mit den tatsächlichen überein. Eine weitere Ungenauigkeit der Simulation ergibt sich daraus, dass das transiente Lastverhalten zwischen zwei Schaltzeiten eines Verbrauchers nur aus den in Kapitel 3.1 vorgestellten elementaren Funktionen gewählt werden kann. Ob der simulierte Verlauf in einem akzeptablen Bereich liegt, hängt vom Verwendungszweck ab und kann nur für einen bestimmten Fall beurteilt werden. Hilfsmittel für diese Bewertung sind die in Kapitel 3.6 angegebenen Gütekriterien.

NALM Systeme identifizieren einzelne elektrische Verbraucher im Gesamtlastgang eines Haushaltes. Die detektierten Geräte können an Hand ihrer Eigenschaften mit dem Simulationsprogramm nachgebildet werden. Damit die Schaltzeiten der simulierten Verbraucher mit den tatsächlichen übereinstimmen, müssen ggf. die einzelnen Einschaltphasen eines periodisch schaltenden Elektrogerätes als separate Verbraucher eingegeben werden (vgl. Kapitel 5). Um fehlerhafte Algorithmen des NALM Systems zu entdecken, ist ein Vergleich des simulierten Lastverlaufs mit dem realen hilfreich. Zu diesem Zweck kann das Programm über den Simulationszeitraum die Zeitreihe eines realen Lastgangs laden. Dieser wird dann andersfarbig unter den simulierten Verlauf graphisch ausgeben. Damit stellt der Simulator ein nützliches Hilfsmittel zur Validierung und Verifizierung von NALM Systemen dar.

Zur Simulation eines Lastgangs ist es zwingend notwendig, das Lastverhalten der einzelnen Elektrogeräte zu kennen oder bestimmen zu können. Für die Anwendung des Simulationsprogramms wäre es wünschenswert, möglichst viele Verbraucher mit ihrem Lastverhalten zu archivieren. Für diese Archivierung stellt das Programm eine Datenbankanbindung zur Verfügung. Es ist also möglich, die Art und den Lastverlauf eines Verbrauchers in einem Versuchsaufbau zu bestimmen und in der angebundenen Datenbank abzuspeichern. Dann könnte mit der Simulation auch verfolgt werden, wie sich eine höhere Abtastzeit der Zeitdiskretisierung auf den resultierenden Lastgang eines Elektrogerätes auswirkt (vgl. Kapitel 2.4).

Wenn eine umfangreiche Verbraucherdatenbank vorhanden ist, kann der Simulator auch zur Entwicklung von Algorithmen für NALM Systeme verwendet werden. Zum einen ist es für das Verständnis oft hilfreich, den Lastverlauf eines Elektrogerätes graphisch vor Augen zu haben und zum anderen ermöglicht es das Programm, den simulierten Lastgang in einer Textdatei als Zeitreihe abzuspeichern. Damit kann ein NALM System auf den simulierten Lastverlauf angewendet und auch getestet werden. Es ist dann nicht mehr erforderlich, einen Lastgang durch reale Messungen zu erheben. Weiterhin können dann schneller verschiedene Parameter, wie z. B. die Abtastzeit und die Zählerimpulskonstante, geändert und ihre Auswirkung auf die Verbrauchererkennung geprüft werden.

Bei einem zukünftigen Anlegen einer Verbraucherdatenbank kann sich herausstellen, dass die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des transienten Lastverlaufs zwischen zwei Schaltvorgängen nicht ausreichen. Da ein Vorteil der objektorientierten Programmierung darin begründet ist, dass Klassen einfach erweitert oder hinzugefügt werden können, ist es möglich, die Modelle relativ unkompliziert zu verändern. Es können also weitere Lastverläufe hinzugefügt werden. Zusätzlich könnten Modelle entwickelt werden, die es z. B. ermöglichen, den zyklischen Ablauf von Kühlgeräten abhängig von Tages- oder Jahreszeiten zu verändern. Wenn eine Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung der Einschaltzeiten in das Simulationsmodell integriert wird, ist auch die Verwendung des Simulationsprogramms zur Lastprognose denkbar.